Freitag, Juli 14, 2006

Mama Klinsmann wusste mehr










Ankündigung vor der WM

Mama hat's gewusst. Martha Klinsmann, Mutter des scheidenden Bundestrainers Jürgen Klinsmann, war lange vor der WM in die Pläne ihres Sohnes eingeweiht. Und die sahen vor, nach der WM zurückzutreten - unabhängig vom sportlichen Verlauf. Bereits am 27. Mai, unmittelbar nach dem 7:0-Testspielsieg gegen Luxemburg, schüttete Jürgen Klinsmann ihr beim Abendessen in Freiburg das Herz aus. "Mama, ich schmeiß den Job nach der Weltmeisterschaft hin." Martha Klinsmann war an diesem Tag vom heimischen Stuttgart-Botnang nach Freiburg gereist, um sich zunächst das Fußballspiel anzusehen und dann ihren Sohn zu treffen.

Diesen für die Nachbetrachtung der Bundestrainer-Demission nicht unerheblichen Fakt verkündete die Stuttgarter Zeitung im Lokalteil ihrer gestrigen Ausgabe. Demnach kann man sich alle Deutungen über das von Klinsmann angeführte Burnout-Syndrom sparen. Dem Bundestrainer seien die Anfeindungen der Presse nach dem 1:4-Debakel gegen Italien übel aufgestoßen, noch mehr habe er sich darüber geärgert, dass Matthias Sammer statt des Hockeytrainers Bernhard Peters zum Sportdirektor ernannt wurde - gegen seinen Willen. "Jürgen hatte vom DFB versprochen bekommen, dass er sich seine Leute selbst aussuchen darf. Nun fühlte er sich betrogen", berichtete Martha Klinsmann der Stuttgarter Zeitung in einem Vorgespräch zu einer WM-Serie. Klinsmann hält noch immer enge Bande zur Familie, die seit 1978 ihr Bäckereigeschäft im Stuttgarter Stadtteil Botnang betreibt. Klinsmann hat sich unweit des Elternhauses eine Vierzimmerwohnung gekauft und ist in Botnang mit Zweitwohnsitz gemeldet.

Zu der entscheidenden DFB-Sitzung wegen seines Wunschkandidaten Peters war Klinsmann extra aus den USA eingeflogen, doch das Peters-Konzept soll von den Präsidiumsmitgliedern nicht mal gelesen worden sein. DFB-Vizepräsident Rolf Hocke verteidigt rückblickend die Haltung des Verbandes. "Ich habe vor dem Hockeytrainer gewarnt: Mein Gott, wir sollten eine Entscheidung treffen und wussten gar nicht, ob er der Partner von Klinsmann bleibt", sagte Hocke der FR.

Streitpunkt Hockeytrainer

Den DFB störte bereits damals, vom Bundestrainer über dessen Zukunftsabsichten stets im Unklaren gelassen worden zu sein. Hocke: "Möglicherweise hätten wir einen Mann geholt, den wir gleich wieder hätten entlassen müssen. Es wäre kein Problem gewesen, wenn sich Klinsmann über die WM hinaus verpflichtet hätte." Die Personalie Peters hat sich für die DFB-Oberen kurioserweise noch nicht erledigt - sie soll auf der Agenda stehen, wenn das zwölfköpfige Präsidium am Donnerstag tagt. Dann wird auch der Vertrag des Nachfolgers Joachim Löw abgesegnet - ein rein formaler Akt. Der 46-Jährige soll dieselben weit reichenden Befugnisse wie Klinsmann erhalten. Die Suche nach einem Assistenten will Löw erst nach seinem zehntägigen Urlaub konkret angehen.

Und Klinsmann? Nach seinem Familienaufenthalt im Schwarzwald-Örtchen Baiersbronn und der Stippvisite in Frankfurt führt die jüngste Spur nach Stuttgart, bald dürfte ein Abstecher an den Comer See folgen. Den Zeitpunkt für die Rückkehr nach Huntington Beach nannte der 41-Jährige bei seiner finalen Pressekonferenz nicht. Sicher ist, dass ihn in Kalifornien seine Geschäftspartner Mick Hoban und Warren Mersereau von "Soccer-Solutions" zu Gesicht bekommen. Sie haben bestimmt schon einen Vorschlag parat, was ihr Masterplaner demnächst anstellen könnte. Vielleicht weiß Mama Klinsmann ja schon Bescheid.


Quelle: Frankfurter Rundschau